Exakt am 17. August 2020 wird die Welt untergehen. Mit Haut und Haaren, Tod und Teufel, Messi und Trump. Wie auch immer man das formulieren will. Eigentlich wäre das nicht weiter spektakulär, wenn das Wissen darum nicht unserem Naturell widerspräche. Denn für gewöhnlich vertrauen wir fest darauf und verhalten uns auch so, als würde der Lauf der Welt für immer sicher, stetig und vorhersehbar voranschreiten. Und das ist auch gut so.
Aber wenn wir jetzt für einen Moment annähmen, das Ende stünde tatsächlich bevor, was bedeutete das dann? Es gäbe plötzlich ein festes Enddatum für die Welt und wir würden uns alles, was von wichtiger Bedeutung wäre, und was wir unbedingt vor dem Ende aller Dinge getan haben wollten, für diesen 17. August in unseren Kalender eintragen. Hand aufs Herz: Täten wir das wirklich? Natürlich nicht. Wir würden schnell erkennen, dass wir das keinesfalls alles an einem Tag schaffen könnten, was unser Leben komplettieren würde, und manches davon auch allerlei Vorbereitung bräuchte, so dass wir besser früher damit begännen.
Obwohl die physikalischen Zusammenhänge bei diesem ungewöhnlichen Szenario deutlich zu Tage treten, verhalten wir uns im Kleinen tatsächlich so. Jeden Tag. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hat sich die Menschheit dafür entschieden (und das meine ich genau so pauschal, wie geschrieben), sich mit der Erledigung ihrer Aufgaben am jeweiligen Enddatum, Lieferdatum oder Fälligkeitsdatum zu orientieren. Ein törichter Fehler, der schon Heerscharen unserer Vorfahren und Mitmenschen um den Verstand gebracht hat.
Das ist schon deshalb töricht, weil wir Aufgaben nicht erledigen, sobald wir sie erledigen können, womit wir sie für immer vom Hals hätten, sondern sie mit einem erleichterten „das brauche ich ja noch nicht tun“ auf dem großen Haufen ablegen, womit sie uns irgendwann in der Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit im falschen Moment auf dem falschen Fuß erwischen werden, ohne dass wir dann noch eine Möglichkeit zum Ausweichen haben. Dann werden wir zufällig weit mehr an einem Tag zu erledigen haben, als wir schaffen können. Das Leben pflegt sich nämlich mit seinen Aufgaben recht selten an unseren Bedürfnissen zu orientieren. Und eine solche Aufgaben-Häufung verursacht dann kurz vor Erreichen des Enddatum unnötig Stress, Hektik und Verschwendung.
Ein weiteres Problem: viele Aufgaben haben gar kein festes Enddatum. Aus Gründen der Gleichbehandlung nehmen wir dann einfach eins an. Einen Tag, an dem es schön wäre, die Aufgabe abschlossen zu haben. Kommt es jetzt zu Häufungen von Aufgaben, werden diese Fake-Endtermine flugs geopfert und die Aufgaben einfach weitergeschoben. Auf einem späteren Zeitpunkt, der dann ganz überraschend ebenso vollgepackt daherkommt. Und ist die Verbindlichkeit erst ruiniert, lebt sichs dann ganz ungeniert. Aus diesem Stoff ist die beginnende Aufschieberitis.
Darüber hinaus dauern alle unsere Aufgaben unterschiedlich lange oder erfordern gar die Mitwirkung Dritter, so dass wir viel besser für jede Aufgabe den spätesten Starttermin ermitteln, der Tag, an dem wir spätestens beginnen sollten, um jeweils rechtzeitig fertigzuwerden. Diesen Umstand berücksichtigen wir tatsächlich, allerdings nie explizit, immer nur intuitiv. Wir verspüren dann eine Unruhe und sagen uns „das ist so heikel und aufwendig, damit müsste ich eigentlich schon begonnen haben.“ Was den Cocktail der schlechten Gefühle um weitere Umdrehungen anheizt.
Im Ergebnis versäumen wir, frühzeitig freie Zeit für die Erledigung zu nutzen, bis unsere Aufgabenberge uns böse anglotzen, mit Fake- und echten Endterminen sowie kurzen und langen Aufgaben Seite an Seite raubt uns die Unübersichtlichkeit den Verstand. Warum pflegen wir ein solch unnützes Verhalten? Es muss eine Art Fahrlässigkeit gegenüber dem Leben sein, die uns verlockt, uns immer am letzten Drücker zu orientieren. Vielleicht ist das auch nur schön einfach so.
Obwohl wir bei der Gestaltung unseres Lebens im Groben viel planvoller umgehen: da nehmen wir uns ganz ohne terminliche Not für jedes Jahr eine überschaubare Zahl Projekte oder Reisen vor. Und beginnen auch noch rechtzeitig mit der Vorbereitung. So sollten wir es auch im Kleinen tun: Indem wir uns einfach jeden oder jeden zweiten Tag eine fest bestimmte Menge Zeit nehmen und einige unserer anstehenden Aufgaben erledigen. Ganz unabhängig von ihrem Endtermin. Und uns hinsichtlich der Reihenfolge einfach nur vom Alter der Aufgaben und ihrem spätesten Starttermin leiten lassen.
Hören wir schlichtweg damit auf, uns ständig so zu verhalten, als ginge am 17. August tatsächlich die Welt unter. Das ist nämlich grober Unfug. So und so. Damit wird es uns schlagartig viel besser gehen und wir werden uns viel leistungsfähiger erleben. Und wir werden 2020 genießen können, ein weiteres von ganz vielen Jahren im unendlichen Lauf der Welt…
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