Mit Zielen tun wir uns weiterhin sehr schwer. Und das wird nicht dadurch besser, dass immer dieselben Tipps (neudeutsch „life hacks“) kursieren. Besonders routiniert wird plagiiert, Ziele sollten „SMART“ sein. Wobei jeder Buchstabe des Akronyms für ein anderes Adjektiv steht.
Das Konzept ist wirklich hübsch, und wie immer ist hübsch nur die kleine Schwester von etwas Braunem. Um die toxischen Annahmen zu entlarven, schauen wir uns am besten ein paar der Begriffe im Detail an: A wie attraktiv. Mal ehrlich, wie könnten unsere eigenen Ziele jemals „nicht attraktiv“ sein? „Ich will der hässlichste Mensch der Welt werden.“ Wäre das denkbar? Finden wir unsere eigenen Ziele nicht immer attraktiv? Wenn es an Attraktivität fehlen kann, bedeutet das nicht, dass wir von Zielen sprechen, die gar nicht unsere eigenen sind? Und ist das nicht ein Widerspruch an sich? Sind Ziele nicht immer etwas Persönliches?
Und wenn es tatsächlich nur darum geht, dass Menschen Ziele verfolgen mögen, die gar nicht ihre eigenen sind, dann gilt es schon, ein paar Gedanken darauf zu verwenden, wie der Zusammenhang zwischen den wahren persönlichen Zielen der Beteiligten und dem verordneten Ziel ihrer Gruppe oder Organisation tatsächlich und nachhaltig hergestellt werden kann. Da wird es nicht reichen, das Fremd-Ziel einfach nur bonbonfarben zu formulieren. Da gilt dann eher der Baumarktschlachtruf „mach es zu Deinem Ziel.“
Schlimmer noch ist R wie realistisch. Ziele sollen innerhalb der Zeit und mit den (gegebenen) Mitteln machbar sein. Auch hierin versteckt sich die toxische Annahme, dass wir in einem vorhandenen Rahmen funktionieren wollen oder sollen. Und wir mit unserem Fahrrad bitte doch in zwei Wochen von Bremen nach München fahren mögen (nur um mal ein universelles und für jedermann nachvollziehbares Ziel zu wählen). Und freilich würde jeder protestieren, wenn von ihm verlangt würde, die Strecke mit dem Fahrrad in nur 6 Stunden zurückzulegen.
Bestünden Ziele tatsächlich darin, das zu tun, was andere wollen, was wir in vorgegebener Zeit mit den von ihnen bereitgestellten Mitteln erreichen, dann wären sie nichts anderes als Appelle, sich endlich mal Mühe zu geben. Dann wäre ja alles da, Ziel, Zeit und Mittel, und es könnte nur am WILLEN des mit Fremd-Zielen und Mitteln vollumfänglich versorgten Mitwirkenden fehlen.
Mal ganz ehrlich, wenn DAS unser Verständnis von Zielen wäre, würde es uns wundern, dass die Welt nur eine zähe Soße Mittelmaß wäre? Oder wie Munger und Buffett mal sagten: „The real issue is mediocrity. There are too many .240 hitters on boards.“ Wo jeder nur versuchen würde, mit den vorhandenen Mitteln und in der vorhandenen Zeit so wenig wie möglich von dem zu erreichen, was andere von ihm wollten?
Ziele, richtige Ziele sind doch ganz was anderes. Ziele sind doch die Frage danach, was ICH bis wann erreichen will. Ganz egal, was das ist. Gerne als Vertriebsleiter der Firma, in der ich arbeite. Oder privat, das ist doch komplett egal. Und wenn da rauskommt, dass ich heute Abend in München sein will, dann muss ich zusehen, dass ich mir überlege, wie das überhaupt möglich ist, welche Mittel das erfordert und wie ich mir diese Mittel verschaffe. Und wenn wir dann noch bedenken, dass wir bis zu zehnmal den mindestens erforderlichen Einsatz bringen müssen, um das Ziel auch mit Sicherheit zu erreichen, dann wird klar, dass bei echten Zielen ZEIT und MITTEL die Variablen sind. Und siehe da, werden sie variiert, werden auch ganz andere Ergebnisse möglich als bei den landläufigen Ziel-Konzepten.
Wir wünschen allen unseren Lesern zu jedem neuen Jahr, dass sie richtig Lust haben, mehr aus ihrem Leben zu machen und sich Ziele zu setzen, die TAF sind, ihre Träume widerspiegeln, ambitioniert und faszinierend sind. Und dass sie ihre Zeit und Mittel immer so wählen mögen, dass sie diese Ziele mit Sicherheit auch erreichen. Viel Erfolg.
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