Wie wir von unserem B2B-Marketing weniger erwarten und mehr erhalten können
Es gibt wenig Dinge in Firmen, die Ingenieure und Kaufleute ähnlich kritisch sehen. Sinn und die Ausgestaltung des Marketings gehören in jedem Fall dazu. Dabei ist die klassische Ausgangslage überall dieselbe: „Alle haben Kugelschreiber, wir brauchen auch Kugelschreiber, kann sich die junge Vertriebsassistentin mal darum kümmern? Aber bitte nicht zu viel Geld ausgeben, wir nehmen die billigen, das reicht aus.“
Heute ist Werbung überall und jeder von uns ist Teil des globalen Marktplatzes, auf dem Millionen von Menschen und Computern mit Texten, Bildern und Videos durcheinanderschnattern und jeder mit 5.000 Werbebotschaften am Tag konfrontiert wird, ob er will oder nicht. Tendenz weiter steigend. Und Kugelschreiber sind Wegwerfobjekte geworden, universell verfügbar, in der Regel von National Pen und nur noch an ihren Farben und Logos vage unterscheidbar.
In diesem Ausgangsszenario wird nun um jede einzelne Maßnahme gerungen, jede von ihnen zur Geschmacksfrage erklärt und in 99,9% aller Fälle ahnen wir vorher und hören wir hinterher dasselbe vernichtende Urteil „das hat ja doch nichts gebracht“. Auf die Frage, was es denn hätte bringen sollen, lautet die Antwort, „na ja, Verkäufe“. Als würde die Welt so funktionieren, wie wir sie als Boomer in unserer Kleinstadt kennengelernt haben: Als der Marktschreier nur rufen musste „frische Fisch, frische Fische, heute drei Forellen zum Preis von zwei“, damit sich eine Schlange kaufwilliger Hausfrauen vor seinem Stand versammelte.
Aber wir ahnen schon, so einfach ist das ja gar nicht. Gerade im B2B-Geschäft, also da, wo wir Dienstleistungen, Produktkomponenten, Werkzeuge oder Maschinen verkaufen, da sitzen uns Einkäufer und Techniker gegenüber, mit ihren Entscheidungsgremien im Hintergrund. Sie haben wie alle immer zu viel Arbeit und brauchen erst ein ganz konkretes Problem, um sich überhaupt und gezwungenermaßen mit unserem Produkt zu beschäftigen. Dabei hängt der Zeitpunkt mehr mit äußeren Faktoren, wie den Bedürfnissen ihrer Produktion, der Arbeit der Entwicklung oder der Qualität des aktuellen Lieferanten zusammen, als mit der Uhrzeit und dem Wochentag. Häufig arbeiten Firmen auch nur ein Projekt nach dem anderen ab. Da kommt es dann darauf an, wann unser Thema an der Reihe ist. Weil es dann vielleicht gerade in aller Munde ist.
Außerdem kaufen sie nicht nach Geschmack („Forelle hatten wir schon lange nicht mehr“) und meist auch nicht nach ihrem Ego („wir haben jetzt alle Mitarbeiter mit dem neuesten Iphone ausgestattet“). Sondern ihre Entscheidungen müssen zuallererst Sinn machen. Das heißt mit geringst möglicher Wahrscheinlichkeit angegriffen oder in Frage gestellt werden können. Das ist der Hauptgrund, warum so viele Firmen immer weiter beim etablierten Marktführer kaufen, obwohl sie auch 2023 nur den technischen Stand einer Isetta von ihm erhalten.
Wenn wir also weder beeinflussen können, noch wissen, wo und wann jemand das zu uns passende Problem haben wird, was kann dann unser Marketing überhaupt leisten? Außer, dass sich jemand an uns erinnert, weil wir irgendwann in der Vergangenheit mal seine Aufmerksamkeit gewonnen haben? Reicht dafür ein Marketing, das einmalig oder opportunistisch ist? Bei dem wir nur über uns, statt die Probleme des Kunden sprechen? Bei dem unser Logo immer an derselben Stelle zu sehen ist? Das genauso aussieht, wie das, was alle machen? Oder das länger als langweilig wahrgenommen wird, als die Aufmerksamkeitsspanne unserer Zielperson genau dem Moment ist, in dem die beiden sich begegnen?
Und welchen Sinn macht die Frage „wie messen wir eigentlich, was die Maßnahme gebracht hat“? Als würde man ermitteln können, welches der Millionen Sandkörner auf den Millionen von Sandhaufen in diesem Lande am Ende den entscheidenden Unterschied gemacht hat.
Sollen Marketing-Euros gut investiert sein, gilt es vielmehr, darauf zu achten, dass eine Maßnahme überhaupt geeignet ist, nachhaltig Aufmerksamkeit zu erzeugen und in Erinnerung zu bleiben. Denn in allen anderen Fällen wird sie dieselbe Wirkung haben wie ein Furz im Orkan und wir werden zu Recht klagen dürfen, dass das mal wieder nichts gebracht hat.
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