Die Welt verändert sich und mit ihr die Art, wie und woran wir zusammenarbeiten. Und mit der Veränderung brauchen wir auch neue organisatorische Lösungen, mit denen wir die Qualität unserer Zusammenarbeit aufrechterhalten. Nicht selten scheitern wir dabei.
Welche Kardinalfehler können wir begehen? Die bisherige Lösung funktioniert nicht mehr, die Missverständnisse häufen sich und jeder beginnt, sich auf seine Art zu helfen. Wir bemerken das und rufen einfach nach einer Automatisierung, ein digitaler Standard wird es schon richten. Es ist offensichtlich, dass wir hiermit lediglich den Schmerz lindern und das Nicht-Effektive effizienter erledigen können. Grundsätzliche Abhilfe wird uns das nicht verschaffen.
Zweitens können wir gemeinsam einen der vielen gangbaren neuen Wege definieren. Wir wählen ihn aus und sagen, „jep, das ist es.“ Dann beginnt das Problem: wir tragen gerne allen Bedenken Rechnung und schätzen zudem die Kreativität der übrigen Beteiligten, die vorschlagen „wir könnten auch noch…“. Damit basteln wir uns zügig in Richtung Perfektion, weshalb wir auch Vieles finden, was vor einer Einführung noch getan werden muss.
Im besten Fall gerät nun die Lösung bereits vor ihrer Einführung in Vergessenheit. Im schlimmsten Fall führen wir sie mit Schwung ein, erleben aber nach zwei bis drei Anwendungen, dass die Zahl der Nutzer rasant abbröckelt, weil die Lösung so kompliziert ist, dass die Beteiligten sie sich nicht merken können oder wollen oder sie schlichtweg Mehraufwand verursacht. Mit dem Abbröckeln setzen die Beschwerden ein, „warum der und ich nicht…?“, gefolgt von Apellen („wir fordern zur Einhaltung auf!“), der Benennung von Wächtern oder Gärtnern, die der Einhaltung mit einer gehörigen Portion Kontrolle nachzuhelfen versuchen. Manchmal drohen wir dann sogar mit disziplinarischen Konsequenzen.
In der Regel erreicht die Unzufriedenheit irgendwann das Ohr des Chefs, der dem Spuk dadurch ein Ende setzt, dass er das abweichende Verhalten toleriert, womit der Frieden wiederhergestellt und der Lösung endgültig die Legitimation entzogen ist. Nicht selten suchen wir dann Schuldige, den Berater, die Methode oder die App, schließen unseren Frieden mit dem Dahinscheiden der gut gemeinten Veränderung und arbeiten wie vorher auf unsere Weise weiter. Dann sagen wir gerne „das und das funktioniert nicht“. Falls wir bescheiden sind, ergänzen wir noch „bei uns“. Was schade ist, denn eigentlich haben wir nur nicht darauf geachtet, die Akzeptanz der Lösung im Auge zu behalten.
Denn organisatorische Lösungen müssen vor allem einfach (zu merken und anzuwenden), universell (funktioniert ohne Ausnahme), natürlich (im Sinne von menschlich geübten Verhaltensweisen entsprechend) und im besten Fall arbeitsneutral oder sogar vorteilhaft für den Anwender sein. Ob eine organisatorische Lösung diese Kriterien erfüllt, sieht man dann ganz einfach daran, dass sie von allen eingesetzt wird, ohne zu meckern, ohne „workarounds“ herum zu bauen oder Zusatzlösungen (z.B. in Excel) zu nutzen. Nur in diesem Fall haben wir tatsächlich eine funktionierende Lösung gefunden, die eine Überlebenschance hat.
So haben wir vor kurzem bei einem unserer Kunden eine tägliche Informationsrunde aller Mitarbeiter eingeführt. Die Skepsis war groß: „haben wir schonmal gehabt und eingestellt, weil…“. Von der Notwendigkeit überzeugt, haben wir eine neue Lösung entworfen und alles Formelle, Perfekte oder irgendwie Hinderliche weggelassen. Zudem haben wir eine Portion Abwechslung und Humor eingebaut. Jetzt funktioniert sie wie ein spontanes Gespräch in der Kaffeeküche, nur mit allen. Und damit ist sie relevant, spannend und kurz und wird von allen Mitarbeitern geschätzt.
Mit steigendem Druck und dem gewohnten Komfort der Apps, die wir privat nutzen, werden unsere Mitarbeiter immer sensibler für die Qualität organisatorischer Lösungen. Statt Benchmarks oder Standards zu kopieren, wird es immer mehr darauf ankommen, sorgfältig nachzudenken und individuell wirklich akzeptierte Lösungen zu entwickeln. Und das bedeutet insbesondere zurück zur (menschlichen) Natur.