Der Schlüssel, um im immer stärkeren und internationaleren Wettbewerb zu bestehen, liegt in höchster Wirtschaftlichkeit. Und deren größter Feind ist die Varianz. Varianz in Form von nur einigen Alternativen bis hin zur totalen Beliebigkeit. Varianz, die überall lauert und sich exzellent zu verstecken weiß. Hinter Kreativität, technischer Neugier, Risikodiversifizierung oder sogar Kundenorientierung.
„Neben den hier aufgeführten Lösungen aus den Bereichen A, B, C und D sind weitere Lösungen auf Anfrage lieferbar.“
(gefunden auf einer deutschen Homepage)
Dabei gibt es drei Haupt-Arten von Varianz, die es sorgfältig und aktiv zu managen gilt:
Prozessvarianz
Wenn jeder arbeitet, wie er das für optimal hält, gibt es keinen Grund miteinander zu reden und dementsprechend keinen Austausch, kein Lernen und keinen Fortschritt.
So gesehen sind Prozessstandards die Voraussetzung für jede Verbesserung und nachfolgend die Automatisierung. Der Produktivitätsgewinn vom manuellen Einzelfall zur automatisierten Lösung beträgt dabei nicht selten Faktor 200 oder mehr, was der Einsparung eines zweistelligen Eurobetrags bei jedem Anwendungsfall entspricht.
Wo den Beteiligten die Vereinheitlichung der Prozesse nicht kooperativ „manuell“ gelingt, kann sie mit der Einführung eines Softwarestandards hilfsweise erzwungen werden, allerdings häufig um den Preis der Aufgabe einzigartiger Prozessvorteile.
Produktvarianz
Natürlich sind Kunden unterschiedlich und braucht es Innovation und Fortschritt. Aber das bedeutet nicht, jedem Kunden jeden Sonderwunsch auf jede erdenkliche Art und Weise zu erfüllen. Und wenn schon Individualität, dann wird sie bitte schön aus einem eng umgrenzten und fest definierten Lösungs- oder Teilebaukasten zusammengesetzt, denn jedes neue Teil bedeutet neue Kosten, Konstruktions-, Recherche- und Beschaffungszeiten. Und „Just in time“ wird schnell zu „regularly too late.“
Weiterhin steigt mit jedem neuen Teil die Unübersichtlichkeit, nicht selten bis zu einem Maß, in dem es weniger aufwendig wird, ein neues Teil anzulegen, als danach zu suchen, ob es bereits vorhanden ist. Und jedes zusätzliche Teil führt zu einer weiteren Zersplitterung der Beschaffungsmengen und damit auch zu mutmaßlich höheren Beschaffungsaufwendungen.
Wünsche außerhalb des strukturierten Spektrums können gerne als Manufakturgeschäft betrachtet und als solches zu Sonderregeln, -beschaffungszeiten und -preisen abgewickelt werden. Idealerweise auch organisatorisch getrennt vom Hauptgeschäft.
Technologische Varianz
Die heimtückischste aller Formen der Varianz ist die technologische Varianz. Sie kommt üblicherweise ganz niedlich daher: „Wenn wir einen 3D Drucker anschaffen, können wir selber auch ganz schnell Musterteile drucken.“ „Können wir auch…“, aufgepasst, das ist der gefährlichste aller Sätze, der in einer Firma gesagt werden kann. Je mehr unterschiedliche Maschinentypen eine Firma betreibt, desto mehr „kann sie auch.“ Das stimmt schon. Aber selten wird die Auslastung eine zweite Maschine erfordern. Damit besteht eine geringere Chance auf Redundanz bei Bedienern und Maschinen, Stillstände und Verspätungen werden wahrscheinlicher.
Und das Levelling, der Kapazitätsausgleich durch die Fertigung verschiedenster ähnlicher Teile auf Maschinen derselben Maschinengruppe, wird bei nur gelegentlichem Einsatz einer Sonder-Technologie deutlich schwieriger. Folglich wird die Produktivität automatisch niedriger liegen.
Außerdem ist das Know-How für Betrieb, Optimierung und Instandhaltung schwieriger zu bündeln und damit besteht die Gefahr, den Kunden im Bereich der Sondertechnologien fachlich und kostentechnisch bestenfalls Mittelmaß zu bieten („we too“).
Beschaffungsvarianz
Eine weitere Quelle von Varianz ist die Splittung von Beschaffungsvolumina auf mehrere Lieferanten. Das ist insbesondere dann schmerzhaft, wenn die Bedarfe bereits durch hohe Produkt- und Technologievarianz auf niedrigstem Niveau schwanken. Dann verstärkt der Beschaffungssplit die Varianz zusätzlich. Hierzu gibt es letztlich nicht viele Alternativen, da die von Natur bereits schwankenden Bedarfe einem einzelnen möglichen Lieferpartner weder die Stetigkeit, noch die Sicherheit bieten können, die er eigentlich benötigt. Es ist deshalb eigentlich keine eigenständige Form der Varianz, sondern eine Verstärkung der bereits vorhandenen Varianzen.
Eine klare Fokussierung und aktive Steuerung des betrieblichen Geschehens ist heute wichtiger denn je zuvor. Um alle Aufmerksamkeit auf den wahren Kern des betrieblichen Wissens zu richten, mit einem begrenzten Teilespektrum höchstmögliche Stückzahlen und kontinuierliche Produktionsmengen sowie mit begrenzter Technologie Redundanzen und gleichmäßige höchste Auslastungen zu erreichen. Nur alle drei zusammen können am Ende den Tod nach langjährigem Siechtum verhindern und die besten Aussichten im Wettbewerb erhalten.
Bild: eigen