Über Standardisierung und Bürokratie

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Wann immer wir zum The­ma Stan­dar­di­sie­rung kom­men, schallt es uns schon von wei­tem ent­ge­gen „nicht noch mehr Büro­kra­tie.“ Dann zucken wir zurück, denn mit Büro­kra­tie ver­bin­den wir Ämter, die regis­trie­ren, ver­wal­ten und kon­trol­lie­ren, nein, das wol­len wir ganz bestimmt nicht.

Aber ist das denn rich­tig, dass Stan­dar­di­sie­rung Büro­kra­tie ist? Wiki­pe­dia ver­weist auf Mintz­berg, der büro­kra­tisch defi­niert als … das Aus­maß, in dem sich eine Orga­ni­sa­ti­on auf Stan­dar­di­sie­rung zur Koor­di­nie­rung ver­lässt, wobei jede Art von Stan­dar­di­sie­rung gemeint ist, nicht nur die des Verhaltens.

Scha­de. Aber dann kann ja Büro­kra­tie gar nicht so nega­tiv sein, wie wir sie emp­fin­den, schließ­lich ist unser Wohl­stands­ge­winn der letz­ten zwei Jahr­hun­der­te sehr weit­ge­hend dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass wir stan­dar­di­sier­te Pro­duk­te mit weit­ge­hend stan­dar­di­sier­ten Arbeits­wei­sen in immer grö­ße­ren Fir­men pro­du­ziert haben, wodurch letzt­lich die Pro­dukt­kos­ten stark gefal­len sind. Und dane­ben hat uns die Stan­dar­di­sie­rung noch sehr viel wei­ter­ge­hen­de Vor­tei­le verschafft:

Zunächst wir­ken Stan­dards koor­di­nie­rend. Jeder weiß, wie etwas gemacht wird. Das erspart die jewei­li­ge Suche nach Lösun­gen, nach jeman­dem, der es von Grund auf neu lösen muss, sowie die wie­der­keh­ren­de Ver­hand­lung und Abspra­che zum jewei­li­gen Vor­ge­hen. Und neue Mit­ar­bei­ter kön­nen sich viel schnel­ler ori­en­tie­ren. Sie müs­sen nicht müh­sam ver­schie­de­ne Vor­ge­hens­wei­se erler­nen, von denen sie schließ­lich die­je­ni­ge über­neh­men, die ihnen am bes­ten geeig­net scheint.

Dar­über hin­aus stel­len Stan­dards einen von wei­tem sicht­ba­ren Feh­ler­maß­stab dar. D.h. Abwei­chun­gen vom Stan­dard sind auf Anhieb als sol­che erkenn­bar und kön­nen genutzt wer­den, um Feh­ler zu unter­su­chen und abzu­stel­len oder den Stan­dard wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Das führt uns zum drit­ten und ver­mut­lich mäch­tigs­ten Vor­teil, denn Stan­dards sind die Grund­la­ge unse­res Fort­schritts. Wie Hen­ry Ford sag­te „Today‘s stan­dar­diza­ti­on … is the neces­sa­ry foun­da­ti­on on which tomorrow‘s impro­ve­ment will be based.“ Oder in der Ver­si­on von Tai­chi Ohno: „Wit­hout stan­dards, the­re can be no improvement.“

Wie das? Wo immer jeder für sich auf sei­ne eige­ne Wei­se vor­geht, gibt es für kei­nen der Betei­lig­ten einen Grund, das jewei­li­ge Vor­ge­hen zu über­den­ken, und kei­nen Anlass, ver­schie­de­ne Vor­ge­hens­wei­sen mit­ein­an­der zu ver­glei­chen. Das leis­tet nur der für alle bin­den­de Stan­dard, indem er sei­ne Vor­teil­haf­tig­keit tag­täg­lich gegen jeden womög­lich bes­se­ren indi­vi­du­el­len Weg ver­tei­di­gen muss.

Abschlie­ßend hel­fen uns Stan­dards auch gegen die Aus­nah­men­sucht. In vie­len Fir­men kommt der Ver­trieb und gewinnt zusätz­li­che Auf­trä­ge damit, dass er inhalt­li­che oder abwick­lungs­sei­ti­ge Zuge­ständ­nis­se macht, die ande­re nicht machen. Wir loben uns dafür als beson­ders kun­den­ori­en­tiert und erhe­ben es zu unse­rer beson­de­ren Stär­ke, unse­ren Kun­den jeden spe­zi­el­len Wunsch erfül­len zu kön­nen. Tun wir das aller­dings 2.000-mal pro Jahr, sind wir am Ende ein Gemischt­wa­ren­la­den, der alles macht und alles immer anders und der damit not­wen­di­ger­wei­se orga­ni­sa­to­risch auf dem wirt­schaft­li­chen Niveau einer Manu­fak­tur agiert.

Des­halb pfle­gen wir idea­ler­wei­se unse­ren Lösungs­raum eben­so wie ein Gärt­ner sei­nen Gar­ten und hal­ten unse­re Wert­schöp­fung jeder­zeit gut in Schuss, indem wir immer wie­der Stan­dards schaf­fen und Aus­nah­men besei­ti­gen. Das ist heut­zu­ta­ge von beson­de­rer Bedeu­tung, weil die Auto­ma­ti­sie­rungs­kos­ten und -mög­lich­kei­ten sehr stark davon abhän­gen, wie ein­fach sich unser Han­deln mit einem Algo­rith­mus abbil­den lässt. Wenn wir zu vie­le Aus­nah­men machen, müs­sen wir uns nicht wun­dern, wenn wir bezo­gen auf die betrof­fe­nen Hand­grif­fe gar nicht mehr auto­ma­ti­sie­ren kön­nen und damit zwei­hun­dert Mal teu­rer sind als digi­ta­li­sier­te Wett­be­wer­ber im Internet.

Apro­pos Wert­schöp­fung. Wir schüt­zen uns davor, dass unse­re Stan­dar­di­sie­rung zur galop­pie­ren­den Büro­kra­tie aus­ufert, indem wir uns jeweils kon­kret fra­gen, ob und wie sich durch den Stan­dard unse­re Wert­schöp­fung ver­bes­sert. D.h. die Effek­ti­vi­tät, mit der wir die Leis­tun­gen für unse­re Kun­den erbrin­gen. Und indem wir dafür sor­gen, dass die ein­zel­nen Lösun­gen so ein­fach wie mög­lich blei­ben. In dem Sin­ne, dass sie trans­pa­rent, erin­ner­bar und so wenig wie mög­lich mit­ein­an­der ver­kop­pelt sind.

Wer die Leis­tungs­fä­hig­keit sei­ner Orga­ni­sa­ti­on stei­gern will, sich aber nicht sehr geübt fühlt, dem sei unser Buch „Fünf­zig Mal Ver­schwen­dung“ ans Herz gelegt. Mit ihm lässt sich mühe­los der Blick für die ent­schei­den­den Ele­men­te der Wert­schöp­fung schärfen.

 

Bild: unsplash.com / Joshua Coleman

 

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